Heu & Hafer

Die Basis der Pferdeernährung

Es war ein langer Weg vom fuchsgroßen Laubfressenden Waldbewohner bis zum Grasfressenden Steppentier: Nahezu 60 Millionen Jahre dauerte die Entwicklung zur Gattung der ersten einzehigen Equiden. Erst in der Eiszeit vor über 1 Million Jahren spezialisierten sich diese universellen Vegetarier in verschiedenen Klimazonen mit unterschiedlichem Nahrungsangebot in die sogenannten echten Pferde, die Halbesel, Esel und Zebras.

Vom Fleischlieferanten zum Streitross

Zu Beginn der Haustierwerdung vor über 5000 Jahren dienten die Wildpferde dem Menschen lediglich als Fleischlieferanten. Erst ab 1500 v. Chr. spielte das Pferd – vor allem für militärische Transportaufgaben – eine immer größere Rolle. Pferde vor Streitwagen zu spannen und damit machtvolle und schlagkräftige Heere zu schaffen stellte an Haltung und Fütterung völlig neue Anforderungen. Neben einer guten Ausbildung mussten Pferde leistungsgerecht gefüttert werden: weg von langen Nahrungsaufnahmezeiten, weg vom alleinigen Raufutter (Gras, Schilf, Luzerne, Rinde), hin zu konzen­trierten, leicht verdaulichen Futtermittelrationen mit höherer Energiedichte. Erfüllt wurden diese Anforderungen durch verstärkten Anbau von Futtergetreide (Weizen, Gerste, später in der Römerzeit auch Hafer).

Heute gerät leicht in Vergessenheit, wie wichtig das Pferd für die Entwicklung der gesamten menschlichen Zivilisation war: ohne die zügige Überwindung großer Entfernungen mit Hilfe von Pferden wären Handel und Transportwesen, aber auch Kommunikation mit Austausch kultureller Elemente zwischen Völkern sowie die Erschließung von Bodenschätzen nicht weiterentwickelt worden.

Unverändert seit 3000 Jahren:
Grundsätze der Pferdefütterung

In unserem High-Tech-Zeitalter spielt das Pferd als “Kriegsgerät” Gott sei Dank keine Rolle mehr. Aber für Hobby-, Freizeit oder Sportpferde gelten im Wesentlichen unverändert die vor über 3000 Jahren entwickel­ten Grundsätze in der Fütterung: Raufutter und Getreide – Heu und Hafer – bilden nach wie vor die Grundlage einer soliden Pferde­ernährung. Dies gilt prinzipiell für räumlich eng begrenzte Pferdehaltungen mit starker Reglementierung der Weide- und Futterzeiten als auch für großräumige Auslaufhaltung.

Die Rations-Zusammenstellung

Weitgehende Einigkeit zwischen Fütterungsexperten herrscht auch bei einem weiteren Grundsatz: Heu und Hafer bilden zwar die Grundlage der Pferdeernährung, eine gezielte Zuführung von Mineralien und Vitaminen ist aber meist sinnvoll und wichtig. Birgt bereits die richtige Gewichtung von Heu und Hafer oft große Probleme, wird’s bei der passenden Menge Mineralien und Vitaminen richtig schwierig. Werden dann noch die Faktoren

  • Rasse, Klima
  • Größe, Gewicht, Alter
  • Belastung, Einsatz

berücksichtigt, gerät die richtige Rations-Zusammenstellung zum Rechenwerk mit vielen Unbekannten. Möchte man darüber hinaus noch die exakte Qualität des zugefütterten Heus (oder Hafer) beurteilen, wird’s vollends kompliziert.

Horsemanship!

Was bleibt Ihnen, dem Pferdebesitzer als Erkenntnis? Die 100 % richtige Futterration mit dem exakt passenden Mineralfutter, individuell zugeschnitten auf Ihr Pferd, gibt es nicht. Deshalb: vertrauen Sie auf den “gesunden Pferdeverstand” und versuchen Sie, Ihr Pferd möglichst artgerecht zu halten. Sie tun dann genau das, was wir und Sie unter “Horsemanship” verstehen. Und Sie können sicher sein, dass Sie so Ihr Pferd gesund und richtig ernähren.

Fütterung vor 3500 Jahren

Als älteste Fütterungsanleitung gilt der Kikkuli-Text aus dem 14. Jahrhundert v. Chr. für hethitische Streitpferde. Neben Wasser bestanden die mehrmals täglich verabreich­ten Rationen aus

  • 3 Teilen Weizen
  • 2 Teilen Gerste und
  • 5 Teilen Heu

Grob beurteilt entspricht das der Rationszusammenstellung (50 % Rauhfutter + 50 % Kraftfutter), die auch für heutige Hochleistungspferde als Maßstab gilt.

Quelle: Ingolf Bender, Praxishandbuch Pferdefütterung